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"Lähmschicht"​ ein Unwort und ein Indikator ein "systemisches Dilemma"​ in einer agilen Transformation


MVP Post: "Lähmschicht"​ ein Unwort und ein Indikator ein "systemisches Dilemma"​ in einer agilen Transformation

Das Wort "Lähmschicht" ist aus meiner Sicht ein Unwort und ein Indikator für oft auftretendes "systemisches Dilemma" in einer agilen Transformation. Ich glaube, durch gemeinsames Reflektieren in Führungsteams würde dieses "systemische Dilemma" seltener auftreten.

 

Welche Erfahrungen habt ihr zum Thema "Lähmschicht" bzw. diesem "systemisches Dilemma" gemacht? 

 

Ich lade euch herzlich ein, mit mir hier zu diskutieren, um voneinander zu lernen. Mein Ziel ist es, gemeinsam ein tieferes Verständnis für dieses Thema zu entwickeln und wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen, um herauszufinden, wie ein Weg hinaus aus dem "systemischen Dilemma" aussehen könnte. Wie können wir als systemische Coaches hierbei den Führungskräften am besten helfen?

 

Aber nochmal von Anfang an… 

Seit über 6 Jahren schaue ich in der Community www.agile-konzerne.de in Konzerne hinein und tausche mich mit Kolleg*innen und agile Coaches dieser Konzerne aus. Die Kolleg*innen beschreiben dann oft ein "systemisches Dilemma", dass sie nach einigen Jahren agiler Transformation wahrnehmen. Das Phänomen der sogenannten "Lähmschicht". Am Anfang einer agilen Transformation starten viele Firmen ein Kulturwandelprogramm, stellen Scrum-Master*in bzw. agile Coaches ein und oder führen flächendenkend agile Methoden wie z.B. Scrum , SAFe oder Kanban ein. Sie machen viel, um ihre Teams mit agilen Herangehensweisen im komplexen Kontexten, z.B. in der Softwareentwicklung, vertraut zu machen. 

 

Nach einiger Zeit in der agilen Transformationen beobachte ich oft, dass es zu Spannungen zwischen Teammitgliedern und Führungskräften kommt. Ihre jeweiligen Erwartungen an eine "agile" Zusammenarbeit driften zunehmend auseinander.

Ich beobachte dann, dass das Verständnis für das Handeln der jeweils Anderen abnimmt und Konflikte entstehen. Eine offene gemeinsame Diskussion zu ihren Erwartungen, um Missverständnisse erfolgt nicht oder wird vermieden.

 

Mitarbeiter*innen fangen verstärkt an ihre Führungskräfte zu kritisieren, da deren Führungsstil aus ihrer Sicht nicht mehr zum agilen System passt. Sie fordern dann nicht selten den Abbau von Hierarchien und behaupten, dass die Führungskräfte das selbstorganisierte, agile Arbeiten nicht verstanden haben.

Warum kommt es so oft dazu? Gehen Führungskräfte in dieser Phase zu wenig auf die neue agile Teamperspektive ein? Erkennen sie nicht, welche Bedürfnisse die agilen Teams auf operativer Ebene haben. Dies wiederum führt häufig dazu, dass Expert*innen, ScrumMaster und Product Owner sich nicht verstanden fühlen. Das ist aber m.E. entscheidend, dass Führungskräfte die Bedürfnisse ihrer agilen Teams verstehen und ihre Arbeitsweise entsprechend anpassen, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu gewährleisten. Nur so können sie sicherstellen, dass die Transformation hin zu einem agilen Unternehmen erfolgreich verläuft.

 

Diese Konflikte weisen m.E. auf das "systemische Dilemma" hin, bestehend aus einer Diskrepanz zwischen der agilen Arbeitsweise auf Teamebene und traditionellen bzw. etablierten Führungsstrukturen und -Verhalten im mittleren Management.

Das mittlere Management steht i.d.R. in dieser Phase einer großen Herausforderung gegenüber, die sie oft nur schwer beeinflussen können. Einerseits müssen sie weiterhin Vorstand, Geschäftsführer*innen und klassische Strategieprozesse bedienen, andererseits müssen sie auch den Anforderungen agilen Arbeitens gerecht werden. Und sie tragen immer die Verantwortung dafür, dass der Betrieb reibungslos läuft, dass die Teams Ergebnisse erzielen und das Ganze wirtschaftlich ist. Diese Doppelbelastung erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Führungsqualitäten. Leider finden die Führungskräfte in dieser Phase kaum Zeit für ihre persönliche Weiterentwicklung und für ihre Reflexion zur ihrer Aufgabe dem Führen.

 

Kolleg*innen sind in dieser Situation oft hilflos und neigen dazu, über verkrustete Strukturen in ihren Unternehmen und das unverständliche Handeln des mittleren Managements zu sprechen. Dabei wird häufig das unschöne Wort "Lähmschicht" benutzt, was aus Sicht gegenüber den Führungskräften unfair ist. Ich denke, es könnte vielmehr sein, dass leider nicht die notwendigen systemischen Rahmenbedingungen geschaffen wurden? Ich denke, es ist wichtig, dass alle Beteiligten in der Situation erkennen, dass es sich hierbei um ein systemisches Problem handelt und dass eine erfolgreiche agile Transformation nur durch gemeinsame Anstrengungen aller Beteiligten möglich ist.

 

Fehlen auf Führungsebene evtl. gemeinsame adaptive Lernzyklen, um Führungsarbeit rechtzeitig gemeinsam reflektieren zu können?

 

Ich glaube, der größte Hebel ist, Führungskräfte in ihrer täglichen Führungsarbeit in eine permanente Reflexion zu bringen. Was würde sich ändern, wenn sie wie ihre Teams alle zwei bis vier Wochen über ihre Zusammenarbeit im Führungsteam und ihre Führungsaufgaben in Retros sprechen. Wenn sie das Ziel verfolgen, ihre Führungsarbeit als Führungsteam gemeinsam zu lernen bzw. zu optimieren.

 

Einige Führungsteams tun das bestimmt schon, der größere Teil wahrscheinlich nicht. Ich höre oft, dass Führungskräfte Trainings, Mentoring und Toolboxes erhalten, um gut für ihre Aufgabe gewappnet zu sein. Das ist auch richtig und wichtig, reicht das aber? Reflektieren sie oft genug gemeinsam über ihre tägliche Führungsarbeit, über ihre Entscheidungsmethoden, ihre Mitarbeiterentwicklung, den Zielerstellungsprozess, ihre Führungsmethoden, usw. Ich meine nicht über ihre Inhalte, ich meine über ihre Rolle. 

 

Welche Führungsarbeit erfordert ein agiler Konzern? Was sind ihre Führungsaufgaben? Nach welchen Grundsätzen sollten "agile" Führungskräfte handeln? Wie wird Führung noch wirksamer?

 

Ich glaube, dass durch zwei bis vierwöchige Retros im Führungsteam, die Führungsarbeit deutlich adäquater und wirksamer für das Unternehmen wird. Das "systemische Dilemma" "Lähmschicht" kann dadurch m.E. reduziert werden. In den Retros sollte es ausschließlich um die Führungsaufgaben gehen, nicht um Content und inhaltliche Ziele.  

 

Ich möchte herausfinden, wie das funktionieren kann. Wie schafft man es, ein System so zu ändern, dass die Führungsteams regelmäßig in Retros reflektieren. Welche Erfahrungen habt ich ihr gemacht? Erste Ansätze habe ich hier gefunden:

 

Im Online Live Talk „To lead or not to lead? – Oder (wie) lässt sich Führung praktisch erlernen?“ teilten Sabine Kluge und Darko Kadoic letzte Woche ihre Ideen und Erfahrungen. Danke 

 

Judith Andresen hat mit anderen Coaches das agiles Reifegrad-Modell auf Basis von Erfahrungen entwickelt. In dem agilen Reifegrad AR-B geht es um " FÜHRUNG AN TEAMS AUSRICHTEN". Sie bietet seit kurzem das Training "EXECUTIVE COACH" Coaches an, um agile Coaches in die Lage zu versetzen, Führungskräfte dabei zu unterstützen.

 

Bei der Haspa sprachen wir letzte Woche zusammen mit Christian Wentorp und Carsten Hopp über die dort vorhandene "Leadership-Community of Practice". Auch hier die Frage, wie kann das langfristig funktionieren?

 

Im Blog von Johann Anders habe ich diesen Artikel zur "Lähmschicht" gefunden.

 

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?  Wie könnte man das beschriebene "systemische Dilemma" reduzieren?

Dann schreibt es gerne hier in den Kommentar.

Vielen Dank

Euer Manfred


Englisch Summary:

The term "Lähmschicht" is an indicator of a common systemic dilemma in agile transformations. This dilemma arises when there is a discrepancy between the agile approach on the team level and traditional management structures and behaviors in middle management. This often leads to tension between team members and leaders, with each having different expectations of an agile collaboration. The lack of understanding for each other's actions and the absence of open communication about expectations can create conflicts. In this situation, employees often criticize their leaders for not understanding the agile system and demand the dismantling of hierarchies. However, the middle management is faced with the challenge of meeting the demands of traditional management processes and agile work practices. This double burden requires flexibility and leadership qualities, which often leave leaders with little time for personal development and reflection. Therefore, it is unfair to use the term "Lähmschicht" to describe leaders who struggle to navigate this complex situation. Instead, systemic coaches can help leaders to understand the needs of agile teams and adapt their management style accordingly to ensure a successful transformation.

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